| Aene Gespinst |






aene gespinst.





28.09.09



Basilique de Fourvière, Tour métallique. Lyon.

||| Ich sitze in der Metro, wie so oft, wie so lange tagtäglich. Eine Schwarze sitzt mir gegenüber, sie holt zwei dicke Kunsthaarsträhnen aus einer Plastiktüte und fängt an, diese hingabevoll zu bürsten.

||| Auf der Straße laufend höre ich hinter mir meinen Namen. Ich bleibe stehen, drehe mich um und gucke verdutzt zwei unbekannten jungen Herren ins Gesicht, die mich verdutzt anschauen. Einer fragt mich, ob ich Anne heiße - das kann ich ja nur bejahen!

||| Meine Schwäche für Pete.

||| Francesca Woodman, Fotografin, die mich sehr fasziniert. Sie fotografierte meistens sich selbst und meistens nackt. Jedoch sehr schlicht und unprätentiös. Hier einige ihrer Bilder und die Biographie ihres kurzen Lebens. Sie hat sich mit 22 umgebracht.
Glücklicherweise hatte die Bibliothek ein Buch über sie, denn alle Bildbände über Francesca Woodman sind entweder vergriffen oder sehr teuer. Daraus ein Zitat von Sloan Rankin, Mitbewohnerin und Kommilitonin:

"Je n'ai jamais eu l'impression que la photographie ait été réllement son meilleur moyen d'expression. La plupart des photographes préfèrent les choses impeccablement époussetées, mais il me semblait que Francesca était plus à l'aise dans ce qui était poussiéreux (elle avait aussi une prédilection marquée pour le moisi). [...] On doit d'abord saisir la dimension tactile de son oeuvre. Il faut sentir le contact des surfaces et des objets photographiés avec la peau nue. Je le sais parce que je me suis retrouvée, plus d'une fois, plongée dans de la farine ou dans quelconque autre substance."
"Peach Mumble, idées sur le feu" in Francesca Woodman, Fondation Cartier pour l'art contemporain, Paris, 1998.

||| Mein Schwesterherz hat mir gezeigt, dass unsere Wände leben!

27.09.09



Ich habe einen Fotoauftrag, der lautet: "Le voyage imaginaire". Das ist das Thema meines Fotokurses, also ein weites Feld. Zu weit vielleicht, mir fällt es schwer, meine diffusen Ideen etwas einzugrenzen. Heute habe ich mich in den Zug gesetzt und bin ausgestiegen, wo es ländlich aussah und habe dann auch das Feld gefunden, das weite. Tiefe Ackerfurchen, ein Maisfeld, ein Wäldchen und ein kleines Moor habe ich durchquert. Das Moor habe ich eher versucht zu umgehen, aber mein rechter Schuh trägt noch die schlammigen Spuren.
Mein Fotoapparat kam zwar nicht auf seine Kosten, der Film ist nicht einmal voll geworden, aber 25° und Bewegung an der frischen Luft entschädigen mich.
Ich wünsche einen schönen Wochenanfang!

26.09.09





Nochmal Puy-en-Velay. Ein letztes Mal. Ich mochte die Farben.

24.09.09




Ist ja spitze! Ist Puy-en-Velay, die Spitzenstadt. Eine der wenigen Städte in der Auvergne. Berühmt für ihre alte romanische Kirche auf einem Hügel, einer riesengroßen Marienstatue auf einem anderen Hügel (mit begehbarem Kopf) und natürlich ihre Spitze.
In Puy endete meine Landpartie und es ging zurück nach Lyon.
Auf-dem-Land-Sein ist entspannend und man saugt fasziniert die gute Luft ein und denkt sich, wie unnatürlich eigentlich in so einer Betonlandschaft zu leben. Trotzdem: Gerade bin ich überzeugte Städterin.
Ich lebe wirklich nicht in einer Metropole (definiert nach einem gewissen weltmännischen Flair, das Lyon nicht besitzt). Und doch fühle ich mich in dieser Stadt dynamisch, sie überträgt mir ihre Energie und manchmal ihre Hektik. Sonntag spät abends am Bahnhof ankommen, in die Metro steigen und mit den ganzen anderen Heimkehrern wieder die Stadt bevölkern. Die abends noch ganz warm ist, der Sommer will gar nicht weichen.

21.09.09



Eine der beiden Bars in Chambon-le-château. Das Rauchverbot ist hier noch nicht angekommen. Die Männer nehmen hier ihren Apéro zu sich und legen die Beute auf die Theke: zwei kleine Vögel, selbst erlegt. Nicht viel Fleisch dran, aber ein Gaumenschmaus sondergleichen, habe ich mir erklären lassen.
Diese Bar war eine Männerdomäne. Und da habe ich mich daran erinnert, dass ich in zwei Büchern diesen Sommer etwas über Weiblichkeit und Lächeln gelesen habe. Das möchte ich zitieren.

"Encore petit, je devinais que ce sourire très singulier représentait pour chaque femme une étrange petite victoire. Oui, une éphémère revanche sur les espoirs dé
çus, sur la grossièreté des hommes, sur la rareté des choses belles et vraies dans ce monde. Si j'avais su le dire, à l'époque, j'aurai appelé cette façon de sourire 'féminité'... Mais ma langue était alors trop concrète. Je me contentais d'examiner, dans nos albums de photos, les visages féminins et de retrouver ce reflet sur certains d'entre eux."
Andre
ï Makine, Le testament français.

"Revenons au sourire de ma mère.
Il se cachait, ce sourire. Étirait juste la pointe extrême de ses lèvres. N'allumait que de brefs éclairs dans les très sombres yeux maternels. Imperceptibles traces d'ironie. Sentiment de supériorité, à peine décelable. Un chef-d'oeuvre de sourire. Un sourire de femme qui dit silencieusement à son mari: en ce moment, tu es un peu ridicule, avec ton orgeuil et ta na
ïvité d'homme, mais ça ne fait rien, je t'aime."
Erik Orsenna, Madame Bâ.

20.09.09





Am ersten Tag haben wir Schinken, Leberwurst und Salami gegessen, am zweiten Aligot (Kartoffel-Käse-Brei) mit Wurst. Bodenständige Kost, was anderes schmeckt an der Landluft auch nicht. Chambon-le-château hat vielleicht 300 Einwohner, deren Altersdurchschnitt deutlich im reiferen Lebensalter liegt. Es ist eine ganz andere Welt, dieses Dorfleben. Jeder kennt sich, hilft dem Nachbarn, tratscht über den Nachbarn. Die Türen werden nicht abgeschlossen.
Wie ungewohnt für mich als Studentin, immer unter Leuten, immer in der Großstadt, plötzlich die Ruhe zu erleben. Die große Herausforderung: das Nichtstun lernen.

19.09.09





Chambon-le-château.
Sehr kleines französisches Dorf
im Languedoc-Roussillon. 1 Post, 1 Mairie, 1 Épicerie-Boulangerie, 1 Boucherie, 2 (!) Bars. 1 Wochenende mit Wanderungen in den Bergen und über Plateaus, durch Ginster, Pinien, Gräser.
Und schon wieder ein Pferdefoto, ich muss sagen, diese Tiere faszinieren mich (in dem Sinne, wie ich faszinieren verstehe: ästhetisch und ein kleines bisschen angsteinflößend).
Es werden noch weitere Fotos folgen, mit üblicher gehöriger analoger Verzögerung; eine Verweigerung an die Zeit, an die Schnelligkeit.

16.09.09



Dies ist ein afrikanisches Gewinnspiel. In den Kronkorken von Cocacolaflaschen kann man ein Motorrad gewinnen. Meistens aber gewinnt man die Erkenntnis: Prends la vie du bon côté!/Nimm das Leben von der guten Seite! Wie die Fliege. Von der Breitseite.
Ich habe heute die Erkenntnis gewonnen, dass meine kalte unfreundliche Uni (die um 8h früh anfängt) sicher kein Hauptgewinn ist, aber eine Niete sieht anders aus. Ab und zu muss ich mir ein afrikanisches Kronkorken-Brrr ins eigene Ohr flüstern:
Brrr... Bron courage, und nicht vergessen: Bron la vie du bon côté.
Das wünsche ich auch meinen acht Kommilitonen.

14.09.09




Campusimpressionen

Heute war Schulanfang. Im Gegensatz zur Grundschule habe ich jedoch Freitag frei. In meiner Schultüte war ein Fotokurs, über den ich mich sehr gefreut habe. Ich habe so viel über diese Uni geschimpft und jetzt bietet sie mir doch die Möglichkeit, einen Fotokurs zu machen und im Labor zu arbeiten, analoge Schwarz-Weiß-Fotografie.
Meine Uni befindet sich in Bron. Dort würde ich nie hinfahren, wenn meine Uni nicht dort wäre. 50 Minuten Fahrt in die Banlieue 2x mal am Tag. Ich habe es nicht vermisst.
Rock'n'Roll sieht anders aus, aber ich bin ganz zufrieden.

10.09.09


[außer bei Franzi. Dort ist es genau das.]



Bevor ich wieder nach Lyon aufbrechen musste, habe ich eine Landpartie eingelegt. Ich hätte in meinen Lungen gerne ein Reservoir für die gute Schwarzwälder Landluft.
Eine Exklusivreitstunde bei Franzi und Little Joe, Räucherspeck und frisch gebackenes Kümmelbrot bei der Oma, eine neue Heuladung, Haselnüsse sammeln, Ziegen füttern, Spätsommersonne.
Und das Beste ist: Es wird immer so bleiben. Ein paar Gewissheiten brauchen selbst wir in unserem mobilen Leben.

Was man meinem Blog nicht ansieht: In den letzten Tagen hatte ich kein Internet und kein Telefon zu Hause und musste dafür Internetcafés und Freunde aufsuchen. Jetzt habe ich wieder die volle Bandbreite der Kommunikationsmittel und fühle mich als vollständiger Mensch. Meine Feststellung: Ohne gehts nicht. Andererseits halte ich stur an der analogen Welt fest und nehme ihre Verzögerung und Kosten in Kauf. Paradox eigentlich, geradezu albern.

09.09.09






Ich habe ein Faible für Pflanzen und insbesondere für Blumen, dagegen finde ich Tiere eher langweilig. (Würde man mich fragen: Pflanzen oder Tiere sowie Geld oder Liebe, würde ich wohl Pflanzen antworten). Manche Leute finden Schnittblumen ja äußerst morbide und sehen sie als Symbol der Vergänglichkeit oder sogar des Todes! Dem kann ich mich nicht anschließen und würde mich jederzeit über einen fetten Blumenstrauß freuen. Oder einen kleinen selbstgepflückten aus dem Garten.
An diesen Seiten aus Meyers Blumenlexikon aus dem 19. Jahrhundert konnte ich also nicht vorbeigehen, als ich sie auf einem Bücherflohmarkt entdeckt habe.

07.09.09


Qu'est-ce que c'est?

So wie ich die Fotografie aus ihrer zu tiefen Versenkung geholt habe, wollte ich auch das Makroobjektiv hervorkramen. Die Versenkung war in diesem Fall allerdings so tief, dass ich es nicht finden konnte.
Mein Bruder (und der muss es ja wissen, wird Physik studieren) hat mir also empfohlen, mein 50mm-Objektiv einfach mal falsch herum vors Gehäuse zu halten. Da habe ich aber gestaunt, bei dem Blick durch den Sucher! Ich konnte mich millimeternah an die Blaubeeren ranmachen. Nur war es schwer, mit 2 Händen den Apparat und das Objektiv zu halten, die Einstellungen zu tätigen und noch eventuell eindringendes Licht abzuwehren (und nicht im Joghurt zu landen).


Eh oui, Blaubeeren.
Und das Makro ist inzwischen wieder aufgetaucht.
Beim nächsten Mal Tilt-Shift!

04.09.09







*ist, wenn man zu dritt an der Dreisam liegt, die mein zum Heimatstädtchen avanciertes Freiburg durchfließt.
Zu Hause sein ist: Freund|e, Familie, Ferien. Unsere Region ist die, auf die alle neidisch sind, wenn sie den Wetterbericht hören: der Breisgau mit den meisten Sonnenstunden. Ich mag es sehr, dort zu sein seit ich nicht mehr immer dort bin. Das ist das Phänomen der Knappheit. Man kann ja doch nur schätzen, was rar ist. Man kann auch nur vermissen, was rar ist.
Jetzt bin ich wieder in Lyon. Die Großstadt und ihr Gewusel haben mich gleich wieder umarmt, die französische Rentrée ist ein Riesending. Das große Wiederaufnehmen des Alltagsgeschäftes, was dann auch sogleich zum Ereignis ausgeschlachtet wird, das sich kommerzialisieren lässt. Werbungen, Frauenzeitschriften und andere Produkte, sogar Lebensmittel, befassen sich mit diesem Thema und versprechen eine rentrée renversante, exceptionnelle etc. Ich muss nicht erst ausdrücklich sagen, dass ich das etwas übertrieben finde.
Vor diesen weniger schönen Aspekten des Großstadtlebens flüchte ich mich übers Wochenende erstmal aufs Land. In ein kleines französisches Dorf, das noch nicht mal fließend Wasser hat!

02.09.09




Im Haus von Le Corbusier in der Weißenhofsiedlung

Letzter Ausflug nach Stuttgart. (Was für ein schönes Wort eigentlich: Ausflug. Plötzlich kann man fliegen, wenn man etwas anschauen will). Stuttgart ist unsere wenig anziehende Landeshauptstadt. Durch den Krieg komplett zerstört und heute leider ziemlich flairlos. Aber nicht kulturlos.
Die Weißenhofsiedlung ist zu empfehlen, errichtet 1927 von berühmten Architekten um das moderne Wohnen einzuläuten. Verfehmt von den Nazis und schließlich teilweise renoviert. Heute leben Leute in den Häusern von Van der Rohe, Sharoun, Schneck etc.
Das war ein Sommer im Dreiländereck.

01.09.09


Basel ist ein softer Einstieg für Neulinge in der Schweiz. Nicht so geleckt wie Zürich oder Genf.



Entdeckt:
-Mediterran-biologischer Imbiss Grünpfahl in der Grünpfahlgasse.
-
Parfüm von Comme des garçons. Könnte man schwach werden, würde es der Geldbeutel auch werden.
-Schwimmer in Rhein mit wasserdichten Taschen. Irgendwo klettern sie aus dem Fluss und laufen dann in Badekleidung in der Stadt herum.



Lohnenswert auch ein Besuch im Kunst- und Architekturmuseum Basel. Vor allem in dem lauschigen kastanienblätterüberdachten Garten.


Fe(h)lixponiert

in der Danh Vo Ausstellung, eine Tapete aus Blütensamen, die ein französischer Missionar aus der französischen Kolonie in Vietnam mit nach Europa gebracht hat.